Teil I. Prozesskosstenhilfe
Teil II. Verfassungsbeschwerdeverfahren
Art. 93 I Nr. 4a GG, §§ 13 Nr. 8a, 90 ff. BVerfGG
I. Zulässigkeit
1. Zuständigkeit des BVerfG, Art. 93 I Nr. 4a GG i.V.m. § 13 Nr. 8a BVerfGG
2. Beschwerdefähigkeit Art. 93 I Nr. 4a GG i.V.m. § 90 I BVerfGG
beschwerdefähig ist jedermann, d.h. jeder, der Träger des als verletzt gerügten Grundrechts/grundrechtsgleichen Rechts
3. Prozessfähigkeit (nur bei Anlass prüfen)
= Fähigkeit, seine Rechte im Prozess selbst oder durch Bevollmächtigte vornehmen zu können
4. Beschwerdegegenstand, Art. 93 I Nr. 4a GG i.V.m. § 90 I BVerfGG
jeder Akt der öffentlichen Gewalt (Legislative, Exekutive, Judikative, auch Unterlassen))
5. Beschwerdebefugnis, Art. 93 I Nr. 4a GG i.V.m. § 90 I BVerfGG
-
Möglichkeit einer Grundrechtsverletzung
b) Eigene Beschwer
Beschwerdeführer muss selbst, gegenwärtig und unmittelbar betroffen sein
aa) Eigene: nur bezüglich eigener Grundrechte
bb) Gegenwärtig: schon und noch
cc) Unmittelbar: ohne weitere Vollzugsakte
6. Rechtswegerschöpfung und Subsidiarität im Übrigen:
a) Rechtswegerschöpfung, § 90 II 1 BVerfGG:
wenn Rechtsweg gegen die Maßnahme eröffnet ist, muss er erschöpft werden
b) Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde i.ü.:
Ausschöpfung aller weiteren zumutbaren Rechtsschutzmöglichkeiten durch den Beschwerdeführer
7. Form, §§ 23 I, 92 BVerfGG
Schriftform, Begründung
8. Frist, § 93 BVerfGG i.V.m. §§ 187 ff. BGB
a) bei Legislativakten (Gesetzen), § 93 III BVerfGG
Jahresfrist, seit Inkrafttreten der Norm
b) bei Exekutiv- und Judikativakten, § 93 I 1 BVerfGG
Monatsfrist
II. Begründetheit, vgl. Art. 93 I Nr. 4a GG, § 95 BVerfGG
Der Verfassungsbeschwerde ist begründet, wenn der Beschwerdeführer durch den Beschwerdegegenstand (tatsächlich) in seinen Grundrechten (Freiheits- oder Gleichheitsgrundrechten) oder grundrechtsgleichen Rechten verletzt ist.
Aufbau variiert je nach Beschwerdegegenstand im Kern ist er jedoch gleich:
→ Rechtssatzverfassungsbeschwerde
→ Einzelaktverfassungsbeschwerde
→ Verletzung eines Freiheitsrechts
→ Verletzung eines Gleichheitsrechts
Prüfung der Verletzung eines Freiheitsrechts
I. Eröffnung des Schutzbereichs (SB):
-
persönlicher SB: Jedermann oder nur Deutsche i.S.d. Art. 116 GG?
-
Sachlicher SB : wird Verhalten des GR-Trägers vom GR geschützt?
II. Eingriff in den SB
Wird in den Schutzbereich fallendes Verhalten durch gesetzliche Regelung erschwert oder unmöglich gemacht?
→ klassischer Eingriffsbegriff
→ modernere Eingriffsbegriff
III. Verfassungsrechtliche Rechtfertigung
-
Einschränkbarkeit des GR (Schranke)
-
Gesetzesvorbehalt oder
-
verfassungsimmanente Schranken durch kollidierendes Verfassungsrecht (bei vorbehaltlos garantierten GRen)
-
Verfassungsmäßigkeit des einschränkenden Gesetzes
(Schranken-Schranke)
a) Formelle Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes
(aa) Gesetzgebungskompetenz
(bb) Gesetzgebungsverfahren
-
Gesetzgebungsform
c) Materielle Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes
(aa) Besondere Anforderungen des (qualifizierten) Gesetzesvorbehalts, z.B.
bei Art. 5 II 1. Alt. GG
(bb) Allgemeine Anforderungen
- Wesentlichkeitstheorie, Art. 20 I, III GG
- Bestimmtheitsgebot, Art. 20 III GG
- Verbot des Einzelfallgesetzes, Art. 19 I 1 GG
- Zitiergebot, Art. 19 I 2 GG
- Wesensgehaltsgarantie, Art. 19 II GG
- Verstoß gegen sonstiges obj. Verfassungsrecht
- Verhältnismäßigkeit des Gesetzes
-
legitimer Zweck
-
legitimes Mittel
→ Geeignetheit (Zweckförderung)
→ Erforderlichkeit (kein milderes Mittel)
→ Verhältnismäßigkeit i.e.S.
(auch Angemessenheit, Zumutbarkeit, Übermaßverbot genannt)
Güterabwägung
-
Verfassungsmäßige Anwendung des Gesetzes
a) Prüfungsmaßstab:
nur „spezifische Verfassungsrechtsverletzungen“
b) Verhältnismäßigkeit der Anwendung des Gesetzes
-
legitimer Zweck
-
legitimes Mittel
→ Geeignetheit (Zweckförderung)
→ Erforderlichkeit (kein milderes Mittel)
→ Verhältnismäßigkeit i.e.S.
(auch Angemessenheit, Zumutbarkeit, Übermaßverbot genannt)
Güterabwägung
Wann ist ein Grundrecht verletzt?
Ein Grundrecht ist verletzt, wenn die Maßnahme in den Schutzbereich ohne eine
verfassungsrechtliche Rechtfertigung eingreift.
Wann ist ein Eingriff verfassungsrechtlich gerechtfertigt?
Ein Eingriff ist verfassungsrechtlich gerechtfertigt, wenn das Grundrecht
einschränkbar ist und die Einschränkung verfassungsmäßig ist.
Raum für weitere Eintragunegn
Verfassungsbeschwerde
per Telefaxbrief
Telefax - Nr.:
An das
Bundesverfassungsgericht
- Erster Senat -
Schloßbezirk 3
DE - 76133 Karlsruhe
Verfassungsbeschwerde
des
________
-
Beschwerdeführer -
Prozeßbevollmächtigter: ________
unmittelbar gegen
a) das Urteil/den Beschluss des Amtsgerichts ____ Familiengericht - vom ____ - Az. ____
b) das Urteil/den Beschluss des Oberlandesgerichts ____ vom ____ - Az. ____
mittelbar gegen
Art. 12 Nr. ____ des Ersten Ehereformgesetzes vom 14.6.1976 (BGBl. I S. 1421) iVm §§ 58 ____ EheG aF
wg. Änderung des Scheidungsunterhaltes
- zwei beglaubigte Abschriften anbei -
erheben wir namens und im Auftrag des Beschwerdeführers - Spezialvollmacht gemäß § 22 Abs. 2 BVerfGG anbei -
Verfassungsbeschwerde
zum Bundesverfassungsgericht mit folgenden
Anträgen
1. Das Urteil des Amtsgerichts ____ Familiengericht vom ____ Az. ____ und das Urteil des Oberlandesgerichts ____ vom ____ Az. ____ sowie Art. 12 Nr. ____ des Ersten Ehereformgesetzes vom 14.6.1976 (BGBl. I S. 1421) iVm §§ 58 ____ EheG aF verletzen Grundrechte des Beschwerdeführers insbesondere aus Art. 2 Abs. 1, 3 Abs. 1 und 20 Abs. 3 GG. Die Urteile werden aufgehoben. Die Sache wird an das Oberlandesgericht ____ zurückverwiesen.
2. Das Land ____ erstattet dem Beschwerdeführer die notwendigen Auslagen des Verfassungsbeschwerdeverfahrens.
Begründung
Gegenstand des Verfahrens ist die Frage, ob Art. 12 Nr. ____ des Ersten Ehereformgesetzes vom 14.6.1976 iVm §§ 58 ____ EheG aF von Verfassungs wegen mit einer einschränkenden bzw. begrenzenden Regelung hätte versehen werden müssen bzw. nur noch beschränkt anwendbar ist.
I.
1. Der Beschwerdeführer wurde von seiner damaligen Ehefrau im Jahre 1975 rechtskräftig geschieden und zur Unterhaltsleistung an sie verurteilt (Amtsgericht ____, Urt. v. ____ und Urt. v. ____ - Anlage 1 und 2).
2. Die geschiedene Ehefrau hat sodann im Jahre 1995 mit folgenden Argumenten Abänderungsklage erhoben, ____
a) Das Amtsgericht ____ hat dieser Klage mit Urteil oder Beschluss vom ____ - Az. ____ (Anlage 3) stattgegeben und den Beschwerdeführer zur Zahlung eines erheblich höheren Unterhalts verurteilt. Die gewechselten Schriftsätze und sonst verfahrensrelevanten Unterlagen aus dem Prozeßteil der Handakte des dortigen Prozeßbevollmächtigten des Beschwerdeführers sind als Anlagen 3 a-3 x beigefügt.
b) Die dagegen eingelegte Berufung des Beschwerdeführers wurde durch Urteil des Oberlandesgerichts ____ vom ____ Az. ____ zurückgewiesen (Anlage 4). Die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze sowie sonst verfahrensrelevanten Schriftstücke des Prozeßteils aus der Handakte des Prozeßbevollmächtigten des Beschwerdeführers im Berufungsverfahren sind als Anlagen 4 a-4 x beigefügt.
Das Urteil des Oberlandesgerichts ____ ist ausweislich des Eingangsstempels auf dem Deckblatt der dem dortigen Prozeßbevollmächtigten zugestellten Urteilsausfertigung (Anlage 4) am ____ zugegangen.
3. Der dortige Prozeßbevollmächtigte des Beschwerdeführers hat bereits in der Berufungsbegründungsschrift vom ____ (Anlage 4 b) auf Seite ____ einen Verstoß der erstinstanzlichen Entscheidung bzw. der sich aus§§ 58 ____ EheG aF iVm dem Ersten Ehereformgesetz ergebenden lebenslangen Unterhaltsverpflichtung gegen Art. 1, Art. 2 sowie Art. 3 und Art. 6 GG in Zusammenhang mit der bereits bis dato bestehenden zwanzigjährigen Unterhaltsverpflichtung gerügt.
Das Oberlandesgericht hat in seiner Berufungsentscheidung vom ____ (Anlage 4) ausgeführt, dieses Vorbringen des Beschwerdeführers entbehre jeglicher Grundlage, und hat dazu insbesondere auf die einschlägigen Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts (____) und des Bundesgerichtshofs (____) verwiesen.
II.
Die nach Erschöpfung des Rechtsweges und binnen der am ____ ablaufenden Monatsfrist eingereichte, mithin zulässige Verfassungsbeschwerde ist begründet.
Die sich aus Art. 12 Nr. ____ des Ersten Ehereformgesetzes und §§ 58 ____ EheG aF ergebende Verpflichtung und die darauf beruhenden Urteile des Amtsgerichts ____ vom ____ und des Oberlandesgerichts ____ vom ____, in denen eine Änderung und Erhöhung des von dem Beschwerdeführer zu zahlenden Scheidungsunterhaltes um mehr als die Hälfte angeordnet wurde, verletzen Grundrechte des Beschwerdeführers insbesondere aus Art. 2 Abs. 1, 3 Abs. 1 und 20 Abs. 3 GG.
Im einzelnen
1. Das Bundesverfassungsgericht geht im Hinblick auf das Ehescheidungs- und Scheidungsfolgenrecht und insbesondere den Regelungen des Ersten Ehereformgesetzes von folgenden verfassungsrechtlichen Prämissen aus:
____ [Darstellung der einschlägigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts]
2. In dem Verfahren des Beschwerdeführers geht es um die - soweit ersichtlich vom Bundesverfassungsgericht bislang noch nicht entschiedene - Frage, ob
____ [es folgen Ausführungen zu den materiellen verfassungsrechtlichen Fragen]
III.
Die Verfassungsbeschwerde ist gemäß § 93 a Abs. 2 lit. b BVerfGG zur Entscheidung anzunehmen, weil dies zur Durchsetzung der allgemeinen Handlungsfreiheit des Beschwerdeführers und des Gleichbehandlungsgrundsatzes iVm dem Rechtsstaatsgebot angezeigt ist. Der Beschwerdeführer ist durch die angegriffenen Entscheidungen des Amtsgerichts ____ und des Oberlandesgerichts ____ in gravierender Weise zum eigenen Nachteil verletzt; auch wird dadurch seine jetzige Ehefrau mit ihren Unterhaltsansprüchen erheblich benachteiligt. Die geltend gemachte Grundrechtsverletzung ist aufgrund der fehlenden verfassungsrechtlichen Rechtfertigung für die zugrundeliegende gesetzliche Regelung von besonderer Bedeutung. Auch hat das Oberlandesgericht ____ auf die geäußerten verfassungsrechtlichen Bedenken geradezu mit Unverständnis ("entbehrt ____ jeglicher Grundlage") reagiert, offenbar ohne die hier gegebene Besonderheit und die anders gelagerte Problematik gegenüber den Fallgestaltungen zu erkennen, die den in Bezug genommenen Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesgerichtshofs zugrundeliegen. Ferner kommt der Verfassungsbeschwerde grundsätzliche Bedeutung iS des § 93 a Abs. 2 lit. a BVerfGG zu, da sich die aufgeworfene verfassungsrechtliche Frage nicht ohne weiteres aus dem Grundgesetz beantworten läßt und diese grundsätzliche Fragestellung noch nicht durch die verfassungsgerichtliche Rechtsprechung geklärt ist.
Eigenhändige Unterschrift
Raum für für weitere Eintragungen
Anlagen
Spezialvollmacht gemäß § 22 Abs. 2 BVerfGG, begl. Abschriften, sonstige
A. Die Zulässigkeit
I. Beschwerdeführer
1. Beschwerdefähigkeit (Antragsberechtigung)
„Jedermann“, der fähig ist, Träger von
Grundrechten zu sein, § 90 I BVerfGG, Art. 93 Nr. 4 a GG.
a. Natürliche Personen
aa. Deutsche und Ausländer
Ausländer und Staatenlose können wie Deutsche Grundrechtsverletzungen geltend machen, außer im Fall der sog.
„Deutschengrundrechte“, die nur Deutschen i.S.d. Art. 116 I GG
vorbehalten sind. Hinsichtlich der „Deutschengrundrechte“ sind Ausländer und Staatenlose grundsätzlich nicht verfassungsbeschwerdefähig. Nichtdeutsche werden in diesen Fällen über
Art. 2 I GG geschützt. Doch kann der Schutzbereich des Art. 2 I GG nicht so weit reichen, wie der Schutzbereich der Deutschengrundrechte. In jedem Fall aber kann ein Ausländer über
Art. 2 I GG eine Prüfung herbeiführen, ob die ihn belastende Regelung oder Maßnahme in formeller und
materieller Hinsicht verfassungsmäßig
ist; insbesondere ist zu prüfen, ob die belastende Maßnahme dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz genügt. In Hinblick auf EG-Ausländer ist streitig, ob diese sich auch auf die
Deutschengrundrechte berufen können, sofern der Anwendungsbereich des EG-Vertrages betroffen ist.
bb. Ungeborene (Nasciturus)
Ist vom BVerfG noch nicht entschieden. Überwiegend wird die Grundrechtsfähigkeit des nasciturus im Hinblick auf Art. 1 I, Art. 2 II GG angenommen. Die Gegenmeinung, die eine Grundrechtsträgerschaft des nasciturus ablehnt, möchte den nasciturus ´nur´ über
Art. 1 I, 2 II GG, als objektive Normen der Verfassung in seinem Recht auf Leben schützen.
cc. Verstorbene
Sind mangels Grundrechtsfähigkeit nicht beschwerdefähig. Ausnahme ist postmortales Persönlichkeitsrecht. VB kann aber nicht im Namen des Verstorbenen erhoben
werden.
b. Juristische Personen
aa. Privatrechtlich organisierte juristische Personen
Beschwerdefähig, soweit sie nach Art. 19 III GG grundrechtsfähig sind. Gilt für inländische juristische Personen des
Zivilrechts. Konkretes Grundrecht muss seinem Wesen nach auf juristische Personen anwendbar sind. Es kommt nicht auf Rechtsfähigkeit im Sinne des Zivilrechts an,
sondern nur ob eine gewisse binnenorganisatorische Struktur gegeben ist.
bb. Juristische Personen des öffentlichen Rechts
Grundsätzlich keine Beschwerdefähigkeit, weil Grundrechte Abwehrrechte gegen den Staat, die diesen nicht berechtigen, sondern bloß verpflichten. Aber: Einige
j.P.d.ö.R. sind grundrechtsfähig, soweit sie in grundrechtstypischen Gefährdungslagen stehen, d.h. sie sind „grundrechtsdienend“, d.h. sie dienen dem Bürger zur
Verwirklichung spezifischer Grundrechte. Bsp.: Universitäten, Art. 5 III; Rundfunkanstalten, Art 5 I;
Kirchen, Art. 4 I. Begrenzt auf die Grundrechte, denen sie dienen.
2. Prozessfähigkeit (keine ausdrückliche
Bestimmung im BVerfGG)
Fähigkeit, Prozesshandlungen aus eigenem Recht vorzunehmen. Wer geschäftsfähig ist, ist auch prozessfähig. Für Prozessunfähige muss der gesetzliche Vertreter
handeln, so z.B. bei Geschäftsunfähigen oder bei juristischen Personen. Ist Minderjährigen Geschäftsfähigkeit in bestimmten Bereichen zuerkannt, sind sie in diesem Bereich
prozessfähig in der Verfassungsbeschwerde. Auch wird man in bestimmten Fällen der Grundrechtsmündigkeit gleichzeitig die Fähigkeit, das betreffende Grundrecht auch im Prozess geltend zu machen,
bejahen (z.B. für Art. 4 Abs. 1 und 2 GG)
3. Postulationsfähigkeit - § 22 I S. 1
BVerfGG
Fähigkeit, Prozesshandlungen selbst vornehmen zu können und nicht durch einen Anwalt.
In der Verfassungsbeschwerde muss sich Beschwerdeführer nicht durch Anwalt vertreten lassen, außer in der mündlichen Verhandlung. Wer prozessfähig ist, ist in aller Regel
auch postulationsfähig.
II. Beschwerdegegenstand
Alle Akte der deutschen öffentlichen Gewalt
(1) Legislative: alle formellen und materiellen Gesetze ab Verkündung. Bei Unterlassen durch Gesetzgeber weiter Spielraum und nur bei verfassungsrechtlicher Pflicht. Völkerrechtliche Verträge als solche können nicht angegriffen werden, da Mitwirkung an Verträgen Verhalten
auf völkerrechtlicher Ebene, das noch keine innerstaatliche Rechtswirkung auslöst, von der Beschwerdeführer betroffen ist.
Tauglicher Gegenstand ist das Zustimmungsgesetz gem. Art. 59 II GG und zwar bereits vor Inkrafttreten, d.h. gleich nach Verabschiedung im
Bundestag.
(2) Exekutive: Akte der vollziehenden Gewalt; deren Aufhebung und bestätigende Entscheidung sowie Gnadenentscheidungen.
(3) Judikative: Jede
Gerichtsentscheidung
III. Beschwerdebefugnis -§ 90 I BVerfGG
Beschwerdeführer muss substantiiert behaupten, durch den angegriffenen Akt der öffentlichen Gewalt selbst, gegenwärtig
und unmittelbar in einem seiner Grundrechte oder grundrechtsgleichen Rechte verletzt zu sein.
1. Möglichkeit der Grundrechtsverletzung
Die Verletzung der Grundrechte muss möglich erscheinen, d.h. die Verletzung darf nicht von vornherein
ausgeschlossen sein. An dieser Stelle ist auch die Bedeutung der Grundrechte im Zivilrecht (mittelbare Drittwirkung) zu erörtern. Es ist also darzulegen, inwieweit die Grundrechte auch bei der
Auslegung zivilrechtlicher Bestimmungen im konkreten Fall eine Rolle spielen können.
2. Selbstbetroffenheit
Der Beschwerdeführer muss in eigenen Grundrechten betroffen sein, d.h. der rechtsrelevante Akt muss
gerade ihn treffen. Damit ist die sog. Popularbeschwerde ausgeschlossen. Bei Nichtadressaten muss zwischen der Rechtsposition und dem Akt eine hinreichend enge
Beziehung bestehen.
3. Gegenwärtige Betroffenheit
Beschwerdeführer muss schon oder noch betroffen sein, nicht irgendwann in der Zukunft. Gegenwärtigkeit ist aber gegeben, wenn Beschwerdeführer zum Zeitpunkt der Verfassungsbeschwerde zu nicht mehr korrigierbaren Entscheidungen gezwungen ist oder Dispositionen treffen muss, die später nicht mehr nachgeholt werden können.
4. Unmittelbare Betroffenheit
Beschwerdeführer muss unmittelbar betroffen sein, ohne zusätzliches Dazwischentreten eines weiteren
Aktes der öffentlichen Gewalt. Bei Gesetzen ist Beschwerdeführer dann unmittelbar betroffen, wenn die Norm seine Rechtsstellung ohne Zwischenschaltung eines
Vollzugsaktes verändert. Nicht zu den Vollzugsakten zählen die Sanktionen des Straf-oder Ordnungswidrigkeitenrechts, da ihr Abwarten dem Betroffenen nicht
zugemutet werden kann.
IV. Rechtsschutzbedürfnis
1. Rechtswegerschöpfung, § 90 II S. 1 BVerfGG
Der Beschwerdeführer muss alle statthaften und zumutbaren Rechtsbehelfe eingelegt haben, d.h. eine
Verfassungsbeschwerde ist in der Regel nur gegen letztinstanzliche Urteile zulässig.
2. Subsidiarität
Die Verfassungsbeschwerde ist ein
außerordentlicher Rechtsbehelf. Neben der Rechtswegerschöpfung müssen zudem alle sonstigen Mittel ergriffen werden, die dem Beschwerdeführer zur Verfügung
stehen, um eine Korrektur der Verletzung zu erwirken. Dies gilt insbesondere bei der Rechtssatz-VB. Bei einer Rechtssatz-VB ist der Rechtsweg grundsätzlich nicht
eröffnet (Ausnahme § 47 VwGO). Der Beschwerdeführer muß dann trotz eigener, gegenwärtiger und unmittelbarer Beschwer durch ein Gesetz die Auswirkungen des
Gesetzes abwarten oder gar herbeiführen und dagegen die Gerichte anrufen (nicht aber bei Ordnungswidrigkeiten-und Straftatbeständen, da dort bereits das Abwarten
von Vollzugsakten als unzumutbar gilt).
3. Durchbrechungen der Rechtswegerschöpfung und Subsidiarität
(1) Die Möglichkeit einer sogenannten
Vorabentscheidung besteht, wenn die VB von allgemeiner Bedeutung ist oder wenn dem
Beschwerdeführer ein schwerer und unabwendbarer Nachteil entstünde, falls er zunächst den Rechtsweg beschreiten müsste
(2) Gefestigte höchstrichterliche Rechtsprechung steht
dem Begehren des Beschwerdeführers entgegen oder der Beschwerdeführer macht geltend, durch eine Entscheidung im vorläufigen Rechtsschutz in Grundrechten verletzt zu sein, der durch
die Durchführung des Hauptsacheverfahrens nicht mehr rechtzeitig abgeholfen werden kann
(Unzumutbarkeit der Erschöpfung des
Rechtswegs oder des Bemühens um sonstige Abhilfe).
V. Beschwerdehindernis der Rechtskraft -§§ 96, 41 BVerfGG
Über dasselbe Begehren desselben Beschwerdeführers darf bei gleicher Rechts-und Sachlage nicht
erneut entschieden werden. Die materielle Rechtskraft bezieht sich nur auf den Tenor.
VI. Form und Frist
Gemäß § 23 I BVerfGG ist die Verfassungsbeschwerde schriftlich einzureichen und zu begründen. Gemäß § 93 I S. 1 BVerfGG ist die Verfassungsbeschwerde binnen eines Monats zu erheben. Bei Hoheitsakten,
gegen die ein Rechtsweg nicht offen steht
(insb. Gesetze) ist die Verfassungsbeschwerde
gemäß § 93 III BVerfGG binnen
eines Jahres zu erheben. Die Frist beginnt mit Inkrafttreten zu laufen.
B. Die Begründetheit
Gemäß Art. 93 I Nr. 4 a GG ist die Verfassungsbeschwerde begründet, wenn der
Beschwerdeführer in einem Grundrecht oder grundrechtsgleichem Recht verletzt ist. D.h.
der Akt muss in den Schutzbereich eines Grundrechts eingreifen und dieser Eingriff ist
nicht verfassungsrechtlich
gerechtfertigt.
Das BVerfG beschränkt die Überprüfung gerichtlicher Entscheidungen (Urteils-VB) auf die Verletzung spezifischen Verfassungsrechts. Eine einschlägige Verfassungsnorm muss daher
1. entweder ganz übersehen worden sein oder
2. grundsätzlich falsch angewendet worden sein und die
gerichtliche Entscheidung muss auf dem Fehler beruhen oder
3. eine willkürliche Entscheidung darstellen.
Raum für weitere Eintragungen